Warum zu viel Zucker so gefährlich ist.
Wussten Sie, dass weltweit über 828 Millionen Menschen an Diabetes-leiden und die Zahl stetig steigt?
Die Zahl ist von 1990 bis 2020 um 630 Millionen Menschen angestiegen (1). Allein in Deutschland gab es 2022 schätzungsweise 8,7 Millionen Menschen mit Diabetes-Typ-2 (2). Es kommt aber noch schlimmer zusätzlich haben 20,8% der Erwachsenen in Deutschland Prädiabetes(3).
Eine stille Epidemie breitet sich aus, die andere gefährliche Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkt, Demenz und Schlaganfälle stark begünstigt.
In diesem Artikel sprechen wir über den Zuckerstoffwechsel, seine Störungen und wie wir mit modernsten Erkenntnissen und Behandlungsansätzen unsere Gesundheit optimieren können und uns idealerweise davor schützen können.
Was ist der Zuckerstoffwechsel und warum ist er so wichtig?
Der Zuckerstoffwechsel ist das Fundament unserer Energieversorgung. Glukose, ein einfacher Zucker, ist der haupt Energielieferant für unsere Zellen. Besonders unser Gehirn, das täglich enorme Mengen an Energie benötigt, ist auf eine konstante Glukoseversorgung angewiesen.
Beginnen wir am Anfang des Zuckerstoffwechsel. Nach einer Mahlzeit wird die Nahrung in ihre Bestandteile zerlegt. Kohlenhydrate werden zu Glukose abgebaut, die ins Blut übergeht. Der Blutzuckerspiegel steigt an. Doch ein zu hoher Blutzuckerspiegel ist gefährlich. Hier kommt das Hormon Insulin ins Spiel, produziert von den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Insulin wirkt wie ein Schlüssel. Es öffnet die Zellen für die Glukoseaufnahme, sodass diese als Energie genutzt oder als Glykogen gespeichert
werden kann. (es gibt auch andere wichtige Funktionen des Insulins, z.B. Fettspeicherung und Kaliumhomöostase, aber dazu mehr in einem anderem Artikel)
Durch unterschiedliche Prozesse kann es dazu kommen, dass dieser Schlüssel nicht mehr passt. Diesen Zustand nennt man eine Insulinresistenz. Hier reagieren die Körperzellen nicht mehr angemessen auf Insulin. Die Gründe dafür sind komplex. Fetttröpfchen um die Muskulatur herum und überschüssiges Fettgewebe, insbesondere viszerales Fett um die Organe, kann Entzündungsstoffe freisetzen, die die Insulinwirkung beeinträchtigen. Das bedeutet, dass Glukose nicht effektiv in die Zellen gelangt und im Blut verbleibt. Die Bauchspeicheldrüse versucht zu kompensieren, indem sie mehr Insulin produziert. Doch auf Dauer ermüden die β-Zellen. Sie können nicht mehr mithalten, und der Blutzuckerspiegel bleibt dauerhaft erhöht.
Die weltweite Zunahme von Zuckerstoffwechselstörungen
Diabetes mellitus-Typ-2, die häufigste Zuckerstoffwechselstörung, hat in den letzten Jahrzehnten epidemische Ausmaße angenommen. Laut der International Diabetes
Federation sind derzeit über 530 Millionen Erwachsene betroffen, Tendenz steigend [4]. Verstädterung, veränderte Ernährungsgewohnheiten mit hohem Zucker- und Fettanteil und ein zunehmend bewegungsarmer Lebensstil sind Hauptfaktoren für diese Entwicklung.
Besonders beunruhigend ist der Anstieg von Typ-2-Diabetes bei jüngeren Menschen. Wo früher vor allem ältere Menschen betroffen waren, erkranken heute auch viele im mittleren oder sogar jungen Erwachsenenalter. Die genetische Veranlagung spielt eine Rolle, doch unser moderner Lebensstil ist der entscheidende Auslöser.
Es gibt verschiedene Formen von Diabetes:
1. Typ-1-Diabetes: Eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden β-Zellen angreift und zerstört. Die Ursachen sind nicht
vollständig geklärt, aber genetische Faktoren und Umweltfaktoren wie Virusinfektionentragen dazu bei.
2. Typ-2-Diabetes: Charakterisiert durch Insulinresistenz und Funktionsstörungen der β-Zellen. Übergewicht, insbesondere im Bauchbereich, Bewegungsmangel und
unausgewogene Ernährung sind Hauptauslöser [5].
3. Schwangerschaftsdiabetes: Tritt während der Schwangerschaft auf und kann sowohl für die Mutter als auch für das Kind langfristige Gesundheitsrisiken bergen. [6]
Warum reagieren unsere Zellen nicht mehr auf Insulin?
Bei Insulinresistenz hat sich die Struktur oder Funktion der Insulinrezeptoren auf den Zellen verändert. Überschüssige Fettsäuren und Entzündungsmarker können Signalwege stören, die normalerweise durch Insulin aktiviert werden. Das bedeutet, selbst wenn Insulin an die Zelle bindet, wird das Signal zur Glukoseaufnahme nicht effektiv weitergeleitet. Zusätzlich spielen mitochondriale Dysfunktionen eine Rolle. Mitochondrien, als energieproduzierende Organellen (ATP-Produktion) unserer Zellen, können durch oxidative Belastung geschädigt werden. Das beeinträchtigt den gesamten Energiestoffwechsel der Zelle und verschlimmert die Insulinresistenz.
Schwerwiegende Folgen durch erhöhte Blutzuckerwerte
Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel schädigt Blutgefäße und Nerven. Hohe Glukosewerte fördern die Bildung von komplexen Glykationsendprodukten (AGEs). Diese Verbindungen verändern Proteine und Gewebe, was zu steifen und brüchigen Gefäßwänden führt. Gleichzeitig steigt der oxidative Stress, und Entzündungsprozesse werden angeheizt. Die Konsequenzen sind dramatisch: Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Schlaganfall, KHK, Herzinfarkt, Demenz, Nierenschäden, Sehstörungen bis hin zur Erblindung und Nervenschäden, die zu Empfindungsverlust und sogar Amputationen führen können.
Die gute Nachricht: Es gibt effektive Methoden, um Zuckerstoffwechselstörungen zu behandeln und sogar vorzubeugen.
1. Lebensstiländerungen: Eine ausgewogene Ernährung, reich an Ballaststoffen und ohne raffinierte Zuckern und gesättigten Fetten, ist essenziell. Zusätzlich sollte die Kohlenhydrataufnahme reduziert werden, denn diese werden im Körper auch zu Glucose umgewandelt. Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert die Insulinsensitivität und unterstützt den Gewichtsverlust [5].
2. Medikamentöse Therapie: Metformin ist häufig das erste Medikament bei Typ-2-Diabetes. Es verbessert die Insulinwirkung und reduziert die Glukoseproduktion in der Leber. Bei Bedarf werden weitere Medikamente oder Insulin hinzugefügt.
3. Technologische Innovationen: Kontinuierliche Glukosemonitoring Systeme, wie Freestyle Libre oder Dexcom, ermöglichen eine genauere Blutzuckerkontrolle. Modernste Verfahren der Geneditierung, wie CRISPR/Cas9 eröffnen Perspektiven, genetische Prädispositionen positiv zu beeinflussen. (Auch bei Diabetes Typ 1 bietet die Forschung im Bereich künstlicher Bauchspeicheldrüse und Betazelltransplantation zusätzlich Hoffnung für die Zukunft).
4. Aufklärung und Schulungen: Durch umfassende Aufklärung und Schulungen lernen Betroffene, die drohende Erkrankung oder die bereits bestehende ihre Ekrankung besser zu verstehen und selbstständig zu managen und sogar sie loszuwerden.
Dabei ist eines aber ganz klar und relativ einfach: Warum warten wir, bis es zu spät ist? Die richtigen präventiven Maßnahmen können das Risiko, Diabetes-Typ-2 zu entwickeln, erheblich senken. Dazu zählen:
Gewichtsmanagement: Bereits ein Gewichtsverlust von 5-10 % kann die Insulinresistenz verbessern.
Bewegung: Mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche stärken Herz und Stoffwechsel.
Gesunde Ernährung: Wenig langkettige Kohlenhydrate, Gemüse, Obst, magere Proteine und gesunde Fette sollten die Basis bilden. Je weiter fortgeschritten die Erkrankung oder Prädiabetes, desto weniger Kohlenhydrate ist dabei die Regel.
Regelmäßige Gesundheitschecks: Früherkennung ermöglicht frühzeitiges Eingreifen und verhindert Komplikationen, entweder beim Arzt durch die Bestimmung des HbA1c und des Nüchtern-Glucose- Wertes oder durch eine kontonuierliche Glucosemessung.
Fazit
Der Zuckerstoffwechsel ist weit mehr als ein biochemischer Prozess. Er ist das Herzstück unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens. Störungen in diesem
System können gravierende Folgen haben, aber wir sind nicht hilflos. Durch Wissen, Prävention und den Einsatz modernster Technologien können wir aktiv unsere
Gesundheit gestalten.
Denken Sie daran: Es ist wichtig den ersten Schritt zu wagen. Ob es eine kleine Veränderung in Ihrer Ernährung ist, mehr Bewegung im Alltag oder ein
Gesundheitscheck – Ihr zukünftiges Selbst wird es Ihnen danken.
Quellen:
1 https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)02317-1/fulltext
2 https://www.diabinfo.de/zahlen-und-fakten.html
3 https://diabsurv.rki.de/Webs/Diabsurv/DE/diabetes-in-deutschland/1-03_Praediabetes.html
4. International Diabetes Federation. (2021). IDF Diabetes Atlas, 10th edition. [https://diabetesatlas.org/](https://diabetesatlas.org/)
5. Pischon, T. et al. (2008). General and abdominal adiposity and risk of death in Europe. New England Journal of Medicine, 359(20), 2105-2120.
6. Kawasaki, E. et al. (2023). Risk of fetal undergrowth in the management of gestational diabetes mellitus in Japan. *Journal of Diabetes Investigation*, 14(4), 614-622.
(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10034960/)